Tuesday, 21.04.2009
20:00h
Ästhesen — zeitgenössische Kunst denken #3
mit TINO SEHGAL
"Kunst ist das zentrale Ritual produktivistischer Gesellschaften"
Mittwoch, 22. April 2009, 20 Uhr
Tino Sehgal wird mit uns über die These "Kunst ist das zentrale Ritual produktivistischer Gesellschaften" diskutieren. Der Künstler weilt diese Woche in Zürich, um seine Arbeiten im Kunsthaus Zürich sowie im Haus Konstruktiv zu zeigen.
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Tino Sehgal (*1976) hat eine eigene Form von Kunst entwickelt: Sie ist immateriell und ephemer, denn sie entsteht nur dann, wenn man ihr begegnet. Ausgeführt von ganz unterschiedlichen Interpreten, wie z.B. Museumsaufsichten, Spezialisten für Marktwirtschaft oder Kindern, existieren seine Arbeiten als Interaktionen zwischen dem Museums-Publikum und den von Sehgal eingesetzten Akteuren. Der Künstler ersetzt damit die materielle Produktion von Objekten durch temporäre Werke aus Körper, Stimme, Raum und Zeit. Konsequenterweise gibt es auch keine Dokumentation seiner Arbeit. Dennoch erfüllen Sehgals Arbeiten die Konventionen von Werken der bildenden Kunst. Sie sind für die gesamte Dauer einer Ausstellung im Raum präsent, werden verkauft und gesammelt. In ihrer Situationsgebundenheit und Ereignishaftigkeit stellen sie den traditionellen Kunstbegriff absichtlich auf die Probe und eröffnen einen ganz neuen Blick auf die Kunstproduktion und -rezeption im musealen Kontext.
Parallel zur Ausstellung im Kunsthaus Zürich vom 23. April - 31. Mai 2009 zeigt das Haus Konstruktiv zeitgleich Tino Sehgal als Gewinner des 2. Zurich Art Prize. Das Haus Konstruktiv wird die Arbeit "This objective of that object" von 2004 zeigen, in der fünf Akteure das Publikum in eine mystisch anmutende Situation verwickeln.
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"Ästhesen" beabsichtigt künstlerische Praktikerinnen und ästhetische Theoretikerinnen im Rahmen eines öffentlichen Anlasses miteinander kurzzuschliessen und damit eine Schnittstelle für eine gemeinsame theoretische Reflexion jenseits von Feuilleton oder Akademie zu eröffnen. Die Form orientiert sich primär am Dialog, inhaltlich soll es um aktuelle ästhetische Problemstellungen gehen. Ziel ist es, dass sich ein reflexives und vermittelndes Gespräch mit Bezug zur zeitgenössischen Kunst entfalten kann, an dem die verschiedenen Protagonistinnen des Kunstsystems gleichermassen teilnehmen und von einander profitieren, indem sie nicht nur über einander, sondern auch miteinander reden.
Die Diskussion wird jeweils mit einer Eingangsthese initiiert, die von einer eingeladenen Person vorgestellt wird. Im Anschluss werden Fragen, Beobachtungen und Phänomene gemeinsam diskutiert werden. Die vorgestellte These soll auf einer pointierten Fragestellung basieren oder einem scheinbaren Widerspruch im Kunstsystem, der ein Mindestmass an theoretischem Problembewusstsein und Hintergrundwissen voraussetzen kann, zugleich aber losgelöst von systematischen Theorien bzw. ohne deren fundierte Kenntnis erörtert werden kann.
Konzeption: Imre Hofmann in Zusammenarbeit mit Corner College